»MINT-Bildung ist ein Schlüsselfaktor für die Entstehung neuer Jobs und für Wohlstand.«

Ulrike Wahl, Mitarbeiterin der Siemens Stiftung in Lateinamerika​

STEAM-Regionen in Lateinamerika

Im vergangenen Jahr sind mit Beteiligung der Siemens Stiftung sechs STEAM-Regionen in Lateinamerika entstanden. Die Abkürzung STEAM steht für Science, Technology, Engineering, Arts, Mathematics – also Naturwissenschaften, Technologie, Informatik, Kunst und Mathematik. Zielsetzung der regionalen Cluster ist es, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in Bildung und Beruf zu meistern und eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung zu ermöglichen. Ulrike Wahl, Mitarbeiterin der Siemens Stiftung in Lateinamerika, erzählt, weshalb Lateinamerika für innovative Bildungsansätze besonders empfänglich ist und was den Ansatz der STEAM-Regionen so wirkungsvoll macht.

Warum ist STEAM für Lateinamerika so relevant?

Für Länder in Lateinamerika, ebenso wie in Deutschland, ist es eine große Herausforderung, die naturwissenschaftlich-technische Bildung so zu verändern, dass sie die nötigen Kompetenzen für das 21. Jahrhundert stärker berücksichtigt. Das sind zum Beispiel Fähigkeiten wie Kreativität, Werteorientierung und Problemlösungskompetenz. STEAM schlägt eine Brücke zwischen den naturwissenschaftlichen und den eher kreativen sowie geisteswissenschaftlichen Fächern und ist in Lateinamerika eine ökonomische Notwendigkeit.

In Zeiten rasanter technologischer Entwicklung ist naturwissenschaftlich-technische Bildung (MINT) ein Schlüsselfaktor für die Entstehung neuer Jobs und für Wohlstand. Aus diesem Grund nimmt MINT-Bildung in den nationalen Agenden einen immer höheren Stellenwert ein. Programme für nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung enthalten regelmäßig MINT-Bildung als eine Komponente.

Es wurden bereits Erfahrungen mit „MINT-Regionen“ in Deutschland gesammelt. Warum hat sich die Siemens Stiftung dazu entschieden, das Konzept auf Lateinamerika zu übertragen?

Die Idee des „STEAM-Territorio“ basiert tatsächlich auf dem deutschen Kooperationsmodell der „MINT-Regionen“ – regionale Bündnisse für die MINT-Bildung in Deutschland, die von der Körber Stiftung stark geprägt und durch das Nationale MINT Forum unterstützt werden. In Deutschland konnten wir feststellen, welche Wirkung entstehen kann, wenn alle Akteure sich gemeinsame Ziele für eine bessere Bildung setzen und sich transparent über ihre Erfahrungen austauschen.

Die Siemens Stiftung ist mit ihrem internationalen Bildungsprogramm Experimento, das auf die Kompetenzen des 21. Jahrhunderts abzielt, seit Jahren im MINT-Bereich in vielen lateinamerikanischen Ländern tätig. Mittlerweile arbeiten wir mit über 25 Kooperationspartnern, darunter Universitäten, Bildungsinstitutionen und NGOs. Eine gute Voraussetzung also, um diese Idee in unsere regionalen Netzwerke zu übertragen und systematisch miteinander zu verknüpfen.

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Auf einer Bildungskonferenz in Toluca, Mexiko, wurde eine STEAM-Region im Bundesstaat Mexiko gegründet.
© INNOVEC

Wie würden sie den Entwicklungsstand der STEAM-Regionen heute beschreiben und was gilt es noch zu erreichen?

Heute gibt es in Lateinamerika sechs STEAM-Regionen, die je nach regionalen Unterscheidungen auch STEM- oder STEM+H-Territorien genannt werden: Medellín in Kolumbien, Tacna und Miraflores/Lima in Perú, Macrozona Sur in Chile, Valparaiso in Chile sowie Mexiko Staat. In jedem hat eine andere Institution die Koordination übernommen: eine Universität, eine staatliche Bildungsbehörde, eine Regionalregierung und eine Stadtverwaltung. Momentan wird in diesen Regionen mit dem Erfahrungsaustausch begonnen und es werden erste konkrete Maßnahmen geplant.

Insgesamt ist es die Zielsetzung, dass diese regionalen Allianzen mit mehr Gewicht und einer Stimme auf die jeweiligen Bildungsagenden Einfluss nehmen sowie ihre Projekte besser aufeinander abstimmen können.

Welche Rolle will die Siemens Stiftung in Zukunft in diesen regionalen Bündnissen einnehmen?

Die Siemens Stiftung steht für eine inhaltsgetriebene, politisch neutrale, transparente und pluralistische Zusammenarbeit. Wir bleiben Mitglieder in allen STEAM-Regionen und haben Arbeitstische zu bestimmten Themen innerhalb und zwischen den STEAM-Regionen angeregt.

Ein wichtiges Thema, dem wir uns in Zukunft widmen wollen, ist zum Beispiel die Verankerung von Bildung rund um den Klimawandel in der Lehrerweiterbildung. Die Siemens Stiftung ist seit Gründung Partner des Office for Climate Education (OCE), das 2018 im Anschluss an die Weltklimakonferenz auf Initiative von La main à la pâte Foundation in Paris gegründet wurde. Im Mai 2019 wird die Regionalkonferenz des Office of Climate Education in Santiago de Chile stattfinden.

Wir sehen unsere Aufgabe weiterhin darin, Brücken zu bauen, Impulse zu geben und als guter Partner bei der Vermittlung von Inhalten, Kontakten und Erfahrungen aktiv zu sein. Nur so können wir eine wirkungsvolle Rolle dabei spielen, die bedeutende Rolle von STEAM mitten im gesellschaftlichen Entwicklungsprozess zu verankern.

Dezember 2018

Bildung
Ulrike Wahl​